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Mars –
Literatur im All
Der Mars hat Literatur und Phantasie seit jeher beflügelt. Die Ausstellung stellt die Frage nach dem Mehrwert der Phantasie und nach der Kraft der Literatur, die als Impulsgeber den Menschen herausfordert und antreibt.
Der rote Planet. Ein heller Punkt am Nachthimmel. Fünftausend Flugstunden entfernt. Sand. Steine. Stürme. Eine Wüste ohne Leben. Das ist der Mars in der Wirklichkeit. In der Vorstellung ist der Mars noch vieles mehr. Die Heimat fremder Wesen. Ein Hort der kalten Intelligenz. Eine Wunderwelt der Technik. Wo unsere Zukunft schon Gegenwart ist. Doch zuerst: Der Mars ist ein Ort der tausend Geschichten. Ein literarischer Ort.
«Mars – Literatur im All» erzählt diese Geschichten. Sie führen durch die Zeit und durch die Phantasie. Bisweilen erscheinen sie seltsam. Aber sie handeln immer von uns. Von unseren Wünschen, Ängsten und Träumen. Die Geschichte des Mars – sie beginnt hier.
Am Anfang der Ausstellung machen fünf Hörstationen Schöpfungsmythos (Franz Hohler) und Philosophie (Hannah Arendt), zeitgenössiche Literatur (Michael Fehr), Science Fiction (Kim Stanley Robinson) und Theorie (Philipp Theisohn über Kant) erlebbar. Sie alle erzählen uns Geschichten: vom Weltall und der Entstehung der Welt, von der Sehnsucht nach fernen Planeten und von der imaginierten Belebung des Mars.
Im nächsten Teil zeigen zahlreiche Exponate, wie der Mars von hier unten – über die Jahrhunderte – in Astronomie, Astrologie, Linguistik, Literatur und Kartografie wahrgenommen wird. Besonders zu erwähnen ist die Erstausgabe der «Astronomia Nova» (1609) von Johannes Kepler, die in Zürich bisher noch nie gezeigt wurde. Die Annäherung an den Mars ist dabei immer auch eine mentale Annäherung, ein Changieren unterschiedlicher Wissensformen, in deren Umrissen sich der rote Planet allmählich abzuzeichnen beginnt.
Dann weist eine Timeline mit den wichtigsten Stationen der Erkundung des Mars in Literatur und Wissenschaft den Weg ins Obergeschoss. Dort wird eine repräsentative Auswahl aus dem reichen Schatz der Marsliteratur gezeigt, die stetig zwischen Utopie und Bedrohung schwankt. Dort wird aber auch die Zäsur erfahrbar, die die Mars-Imagination durchlebt, nachdem die Sonde «Mariner 4» 1965 erstmals Fotos von der Oberfläche des Mars zur Erde übermittelt. Die florierenden Stätten der futuristischen und vorbildlichen Marskultur entpuppen sich als eine Wüste aus rotem Sand und Fels. An die Stelle des bewohnten Mars tritt der einst zu bewohnende Mars: Von nun an handeln die Erzählungen von der Kolonialisierung des roten Planeten durch den Menschen.
In Zusammenarbeit mit dem «Institute of Incoherent Cinematography» sind ausserdem Filme der 1910er und 1920er Jahre zu sehen, die die Reise zum Mars schildern. Es ist, als ob diese Stummfilme das Weltall «in nuce» enthielten: So schön stumm und schwarzweiss sind sie.
Der existenziellen Grundfrage, ob da draussen etwas ist oder nicht, nähert sich die Ausstellung zum Abschluss mit einem Gedicht – einem Ausschnitt aus «Life on Mars» der Lyrikerin Tracy K. Smith.
«So viel ist klar: Die Reise auf den Mars ist kein Spaziergang, auch wenn die Fiktion das manchmal so wahrhaben will. Auch der Gang durch die Ausstellung nicht. Man muss genau hinhören und genau hinschauen, um seinen Weg durch die Fremde zu finden und ihn für sich selbst fruchtbar zu machen; die Szenografie (Claudia Schmauder), zurückhaltend hier, atmosphärisch dort, unterstützt einen dabei.»
Angelika Maass: «Und immer lockt der Rote Planet». In: Landbote, 25. September 2015.
«Sie zeigt, […] dass sich mit frischen Ideen trotz einfachen Mitteln viel erreichen lässt. Und sie zeigt, dass Zürich etwas fehlen würde, wenn es keinen Ort gäbe, in dem den imaginären Bildern, die Literatur in unseren Köpfen auslöst, reale Bilder gegenübergestellt werden.»
Thomas Ribi: «Beunruhigende Nachrichten vom roten Planeten». In: NZZ, 25. September 2015.
Reader «Mars – Literatur im All»
Zusammengestellt und kommentiert von Conditio extraterrestris, gestaltet von Claudia Schmauder und herausgegeben von Gesa Schneider und Philipp Theisohn.
Kuration
Gesa Schneider und Philipp Theisohn / Conditio extraterrestris (Universität Zürich)
Szenografie
SchmauderRohr
Grafik
Claudia Schmauder