Enfants Terribles – Unheimliche Kindergeschichten

Abenteuerliche Geschichten, einprägsame Figuren und fantastische Illustrationen: Wie Kinder in Bilderbüchern, Romanen und Filmen gezeigt werden, spiegelt immer auch, wie sich Erwachsene die Kindheit vorstellen – eine Vorstellung, die sich seit der Moderne fortwährend verändert. Besonders deutlich wird dies an der Figur des «enfant terrible», des wilden, anarchischen oder gar bösen Kindes.

Bereits in der Romantik tauchen in der Literatur Kinder auf, die über eine eigenartige Sicht auf die Welt verfügen – eine Sicht, die sich auch der einfachen Abgrenzung von Kindern und Erwachsenen entzieht. Mit der Moderne verstärkt sich die literarische Auseinandersetzung mit dem «enfant terrible», das bürgerliche Normen in Frage stellt, zusehends. Verstörende Erlebnisse und faszinierende Welten von Struwwelpeter über Pinocchio bis Pippi Langstrumpf zeigen die Kindheit als Sehnsuchtsort, aber auch als Kulminationspunkt zahlreicher Ängste.

Zwar gibt es seit 1900 viele Versuche, die Unterscheidung von Kindern und Erwachsenen mit Rückgriffen auf Anthropologie, Entwicklungspsychologie, Philosophie oder «childhood studies» zu stabilisieren, doch gleichzeitig unterlaufen viele Autorinnen und Autoren genau diese Unterscheidungen immer wieder. Die sogenannte Kinderliteratur – die sich immer auch an Erwachsene wendet – ist eine einzigartige Konstellation, um sich mit dem Anderen zu befassen. Denn alle Erwachsenen teilen die Erfahrung, selbst einmal Kinder gewesen zu sein – und zugleich das Wissen, es nun nicht mehr zu sein.

Anhand zahlreicher Texte, Illustrationen und Filmsequenzen sowie Interviews mit Expert:innen beleuchtet die Ausstellung unheimliche Kindheitsimaginationen des 19. und 20. Jahrhunderts und stellt die Frage, warum das Erzählen vom «enfant terrible» gerade in der Gegenwartskultur wieder an Bedeutung gewinnt.

Publikation

Christine Lötscher und Klaus Müller-Wille, Eliane Jaberg und Alexia Panagiotidis
Enfants Terribles – Unheimliche Kindergeschichten
116 Seiten | Zürich, 2023 | ISBN 978-3-9525232-7-8


In Zusammenarbeit
mit der Universität Zürich und dem Schweizerischen Institut für Kinder- und Jugendmedien (SIKJM)

Kuration
Christine Lötscher, Professorin für Populäre Literaturen und Medien (ISEK/Populäre Kulturen, UZH)
Klaus Müller-Wille, Professor für Nordische Philologie (Deutsches Seminar, UZH)

Szenografie & Gestaltung
Schmauder Und